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Schweizer Hilfswerke bereiten sich auf Fluchtwelle vor

Die Ukraine steuert nach dem Einmarsch der Russen auf eine humanitäre Katastrophe zu. Schweizer Hilfswerke wie das Heks stehen in den Startlöchern, um in grösserem Umfang Unterstützung zu leisten. Gezielt werde die Bevölkerung im ganzen Land mit Bomben eingeschüchtert, stellt der langjährige Thuner Pfr. Heiner Bregulla, Präsident des Hilfswerks Bär & Leu – Zusammenarbeit Schweiz-Ukraine, fest.

Bereits vor dem russischen Angriff sind nach Angaben von Caritas in der Ukraine rund 2,9 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen. Jetzt werde diese Zahl dramatisch ansteigen, heisst es bei Caritas Schweiz. Auch das Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz (Heks) unterstützte in der Ukraine in den vergangenen zwei Jahren in Not geratene Menschen mit Lebensmittelpaketen. Kürzungen von Sozialhilfe, steigende Energie- und Lebensmittelpreise und die Corona-Pandemie hätten die Armut bereits vor dem aktuellen Krieg verschärft, schreibt das Heks auf Anfrage.


Wie die meisten Beobachter sind auch die in der Ukraine tätigen Schweizer Hilfswerke überrascht, dass Russland nicht nur die Gebiete Donezk und Luhansk in der Ostukraine, sondern offenbar das ganze Land einnehmen will. Gezielt werde die Bevölkerung im ganzen Land mit Bomben eingeschüchtert, stellt Heiner Bregulla, Präsident des Hilfswerks Bär & Leu – Zusammenarbeit Schweiz-Ukraine, fest. Das seit über 20 Jahren in der Ukraine aktive Berner Hilfswerk hat keine Projekte im Osten des Landes. Schwerpunkt der Arbeit sind die drei Städte Lemberg (Lwiw), Riwne und Mykolajiw, die im Westen und Südwesten des Landes liegen.

«Situation kann sich von Tag zu Tag ändern»

Am 23. März soll einer der zwei üblichen Jahrestransporte von Bär & Leu mit 40 Tonnen Hilfsgütern von Kiesen (BE) aus Richtung Ukraine starten. Bis jetzt steht die Zusage des ukrainischen Transporteurs, dass er in die Schweiz kommt, wenn die Grenzen nicht geschlossen sind. «Wir hoffen, dass wir den Transport durchführen können, aber die Situation kann sich von Tag zu Tag ändern», sagt Bregulla. Die Waren – unter anderem Schulbänke, Computer, Spitalmaterialien und -betten – stünden im Lager bereit. Sollten die Russen tatsächlich das ganze Land besetzen, wisse er nicht, wie es mit den Projekten in der Ukraine weitergehe, erklärt der 72-jährige ehemalige reformierte Pfarrer. Die Schilderungen der Kontaktpersonen in der Ukraine stimmten nicht hoffnungsvoll.

Hilfswerke rechnen mit vielen Flüchtlingen

Mit mobilen Teams verteilt inzwischen Caritas Ukraine Nahrungsmittel-Pakete. Menschen werden auch mit Heizbriketts und Reparaturmaterial beliefert, damit sie sich vor der Kälte schützen können. Caritas bereitet sich zudem darauf vor, Binnenvertriebene aufzunehmen und deren Versorgung durch Feldküchen sicherzustellen. Da die russische Armee von allen Seiten angreift, besteht kaum die Möglichkeit, sich innerhalb des Landes in Sicherheit zu bringen. Deshalb dürften viele Menschen über die Grenzen flüchten. Caritas Schweiz unterstütze daher auch in den Nachbarländern Polen und Slowakei Caritas-Organisationen, erklärt Mediensprecher Stefan Gribi auf Anfrage. Auch beim Kinderhilfswerk World Vision laufen derzeit im Büro in Rumänien Vorbereitungsarbeiten, um geflüchtete Familien zu unterstützen, wie es auf Anfrage heisst. World Vision hat noch keine eigenen Projekte in der Ukraine.

Caritas Schweiz: «Stellen hohe Spendenbereitchaft fest»

Caritas Schweiz hat einen Nothilfebeitrag von 200'000 Franken gesprochen. Der Betrag sei mit Sicherheit zu gering angesichts dieser «grössten Krise in Europa seit den Balkankriegen», so Gribi. Man stelle eine hohe Spendenbereitschaft fest und wolle sich noch in grösserem Umfang engagieren. Das Heks trifft nach eigenen Angaben derzeit Abklärungen, wie und in welchem Umfang die Zivilbevölkerung unterstützt werden kann. Ein Spendenaufruf für die konkrete humanitäre Hilfe soll folgen, sobald es die Situation vor Ort erlaubt. Auch Bär & Leu wartet ab mit einem Spendenaufruf. «Wir wollen zuerst wissen, was nötig ist und werden zunächst unser finanzielles Polster aktivieren für zusätzliche Hilfe», erklärt Bregulla.

Quelle: www.ref.ch, 28.02.2022