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100-jährige Kirchenfenster in Wimmis: Ein Reformator, ein Heiliger und eine Königin

Am 21. April feierten Kirch- und Burgergemeinde Wimmis Glasfenster, deren Erschaffer von Ferdinand Hodler beeinflusst war.

Die Glasfenster zieren seit 100 Jahren die Fenster der reformierten Kirche Wimmis. Rudolf Schneiter, Präsident der Fachkommission Dorfgeschichte, brachte den Besuchenden die Entstehung der Wimmiser Glasfenster, vor allem der drei Chorfenster, näher. «Etwas ausführlicher werde ich auf die Legende von der Königin Bertha eingehen und der Besonderheit, dass sie immer beim Spinnen dargestellt wird», verriet Schneiter im Vorfeld. Der Legende nach gilt Bertha als Stifterin der sogenannten tausendjährigen Kirchen am Thunersee, zu denen auch jene in Wimmis gehört. Über die Kosten der Fenster sei nichts bekannt, sagte der Wimmiser. Er weiss jedoch, «dass die Fenster 1924 von der Kirchgemeinde, von Kirchgemeinderäten und von sogenannt wichtigen Familien aus Wimmis gestiftet wurden».

Stolze Burger

Das Glasfenster mit den 20 Burgerwappen finanzierte die Burgergemeinde. Schneiter glaubt, dass besonders ältere Burger stolz darauf sind, dass ihre Familienwappen in der Kirche vertreten sind. «Gelegentlich kommt es sogar vor, dass Nachkommen der Burger von auswärts oder sogar aus dem Ausland die Kirche deswegen besuchen.» Zahlreiche Kirchen in der Region besitzen traditionellerweise ebenfalls sehr alte Wappenscheiben oder auch moderne Glasfenster. «Doch», so Schneiter, «sind diese in der Regel viel jünger. Man kann durchaus sagen, dass vom Alter her Wimmis hier eine Sonderstellung einnimmt.» Als verantwortlich für die Schaffung der Fenster in der 1228 erstmals schriftlich erwähnten Kirche Wimmis gilt Ernst Linck.

Geprägt von Hodler

Der vor 150 Jahren in Windisch geborene Maler Ernst Linck war ebenfalls Zeichner, Illustrator und Restaurator. Seine Malerei war stark von Ferdinand Hodler beeinflusst. Der Aargauer machte sich ausserdem einen Namen als Maler von Landschaften und Figuren. Den ersten Zeichenunterricht erhielt er von seinem Vater. Nach dem Umzug der Familie nach Zürich bildete er sich eine Zeit an der dortigen Kunstgewerbeschule bei Albert Freytag weiter. Durch Selbststudium verfeinerte er seine Techniken. Seine Studienreisen führten ihn nach Rom, Bern und München. Nach einem erneuten längeren Aufenthalt in Italien siedelte Linck nach Bern über und liess sich hier definitiv nieder. Bis 1912 führte er die von ihm gegründete Malschule. Daneben unterrichtete er bis zu seinem Tod 1935 Aktzeichnen an der Kunstgewerbeschule Bern.

Linck war ein einflussreiches Mitglied der lokalen Sektion der Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer. Seinen Einfluss hatte er auch im Schweizerischen Werkbund sowie als Vorsitzender zahlreicher Jurys. Linck nahm bis 1928 regelmässig an der schweizerischen Nationalen Kunstausstellung teil. Er betätigte sich auch als Kirchenmaler in Wimmis. Ausgeführt wurden Lincks Entwürfe durch den in Gündlischwand heimatberechtigt und in Steffisburg wohnhaft gewesenen Eduard Boss. Drei Fenster in der Mittelapsis der Kirche zeigen im Nordfenster den bernischen Reformator Berchtold Haller, während er ein Ehepaar segnet. In seinen Händen hält er die Reformationsmerkmale: die aufgeschlagene Bibel und den Abendmahlskelch. Im Ostfenster teilt der heilige Martin, Schutzpatron der Kirche Wimmis, mit dem Schwert seinen Mantel, um die eine Hälfte davon einem verkrüppelten Bettler zu schenken. Das Südfenster ist der Königin Bertha gewidmet.
Ergänzt werden die Wappenscheiben an der Südseite durch drei später angefertigte kleine Bildnisse. Sie zeigen die Reformatoren Ulrich Zwingli, Martin Luther und Johannes Calvin.

Quelle: www.thunertagblatt.ch, 22.04.2024