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Steffisburg: Die KUW als Vertrauensschule

Die Kirchgemeinde Steffisburg hat ihr be­stehendes KUW-­Modell umfassend evaluiert. Nun nimmt sie ab dem Schuljahr 2020/21 erste Anpassungen vor. Ein Bericht über das Projekt «KUW 2020».

Seit der Einführung der heutigen KUW hat sich in der Gesellschaft, der Kirche, der Schule und im Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen einiges verändert. Im Laufe der letzten Jahre hat sich darum in der Kirchgemeinde Steffisburg mehr und mehr das Bedürfnis nach einer umfassenden Evaluation des KUW­Modells herauskristallisiert. Sind wir «nahe bei Gott und nahe bei den Men­schen» mit unserem Modell? Wo und wie über­zeugt es uns noch? Was sind seine Stärken und Schwächen? Wie nehmen Kinder, Jugendliche und Familien die KUW wahr? Entspricht sie ihren Be­dürfnissen? Ist die KUW mit den übrigen Gruppen und Anlässen für Kinder, Jugendliche und Fami­lien gut vernetzt?

Bald wurde klar: Um diesen Grundsatzfragen vertieft nachzugehen, braucht es ein eigenes Pro­jekt. Da wir wussten, dass sich auch bei Refbejuso im religionspädagogischen Bereich einiges tut, traten wir mit dem Bereich Katechetik in Kontakt. Gemeinsam mit Patrick von Siebenthal, dem Leiter der Fachstelle Weiterbildung und Beratung KUW, entwarfen  wir  den  Plan  für  das  Projekt  «KUW  2020». Im Februar 2019 startete unser KUW-­Team mit einer zweitägigen Retraite. Es entstand eine riesige Auslegeordnung an Themen, Anliegen und Ideen, die uns jetzt und in Zukunft wichtig sind, die wir bis anhin vermisst oder die schon lange gegärt hatten. Diese wurden danach durch die Projektleitung verdichtet. Par­allel dazu führten wir bei den Eltern eine Online­umfrage durch, die von rund 40 Prozent beant­wortet wurde. Die Rückmeldungen zeugten von einem  erfreulichen  Rückhalt  der  KUW,  gaben  gute Anregungen und erste Hinweise, wie einige der neuen Ideen ankommen. Etwas ernüchtert waren wir, dass die Elternbildung und ­einbin­dung, die uns sehr am Herzen liegt, auf wenig Resonanz stiess. In weiteren Retraiten und Projektgruppen wur­den Details ausgearbeitet, bis der Prozess im No­vember 2019 abgeschlossen werden konnte. Ganz neu haben wir das Rad nicht erfunden. Das war auch nicht das Ziel. Dennoch haben wir uns für erste  Modellanpassungen  ab  dem  Schuljahr  2020/21 entschieden. Diese entsprechen den aktu­ell gültigen Vorgaben von Refbejuso und werden später bei Bedarf adaptiert. Folgende Aspekte des religionspädagogischen Handels im frühen Gene­rationenbogen (von 0 bis 25 Jahren) haben sich für uns als wichtig erwiesen.

Aufwachsen mit der Kirche

Ab der Geburt wollen wir Beziehungen zu den Kindern und Familien knüpfen. Kinder sollen mit der Kirche aufwachsen können. Die KUW ist ein Teil davon. Die Begleitung beginnt aber schon viel früher und betrifft die ganze Familie: Unser Geburtsbrief mit Babyfinken, die Krabbelgruppe, Angebote wie «Fiire und Singe mit de Chliine», die Taufbesuche und die Familiengottesdienste bieten wertvolle Berührungspunkte zwischen Familien und Kirche, die wir bis ins junge Erwachsenenalter anbieten werden.

Beziehungsarbeit

Der Eintritt in den Kindergarten ist ein wichtiger Schritt. Bei diesem Schritt wollen wir die Familien begleiten. Wir besuchen darum neu alle Familien mit vierjährigen Kindern und laden sie herzlich ein, die Angebote für Vierjährige zu besuchen (Gschichtestube, Fröschli oder Kinderbibelwoche). Zudem geben wir dem Aspekt der Beziehungs­pflege mehr Gewicht, indem wir die Erlebnis­ undLagerangebote leicht ausbauen und für Kateche­tinnen und Katecheten attraktive Pensen schaffen, in Verbindung mit weiteren Aufgaben im Bereich Kind, Jugend und Familie. Auch wird das KUW-­Team neu an wichtigen Gemeindeanlässen für Familien möglichst präsent sein.

Lebensübergänge feiern

Lebensübergänge sollen auch im frühen Genera­tionenbogen gefeiert werden. Nebst der Taufe werden alle Vierjährigen zum Kindergartenstart zum «Fiire mit de Chliine» eingeladen. Neu be­ginnt die KUW in der 1. Klasse zudem mit einem Begrüssungsgottesdienst. Und da in Steffisburg für fast alle Kinder am Ende der 4. Klasse ein Schulhauswechsel ansteht, haben wir die KUW Unterstufe und Mittelstufe entsprechend aufge­teilt. Am Ende der 4. Klasse feiern wir einen KUW­-Gottesdienst, zum Abschluss der 6. Klasse einen Jugendgottesdienst. Auch die Konfirmation soll weiterhin wichtig bleiben. Doch sie soll nicht mehr das einzige Ziel des religionspädagogischen Handelns sein. Ansonsten wird unseres Erachtens das  Leistungsergebnis  der  KUW  zu  dominant. Hier erhoffen wir uns gute Lösungen aus dem Prozess bei Refbejuso und befürworten flexible Lösungen für Kinder, die später einsteigen möch­ten. Angedacht ist zudem eine Feier bei Volljäh­rigkeit, während der Zeit der Mittelschul­- und Lehrabschlüsse.

Vertrauensschule

Bei der Frage nach dem Kern unserer Arbeit und wie wir diesen verständlich machen können, sind wir schnell beim Begriff «Vertrauen» gelandet. Wie wäre es, wenn die KUW vor allem eine «Vertrau­ensschule» wäre? Natürlich kreisen unsere Inhal­te nicht einzig um Vertrauen, doch lässt sich vie­les, was wir tun, damit verbinden. Die Leitidee, dass Kinder und Jugendliche dank unserer Arbeit zu Menschen mit Vertrauen werden, gefällt uns nach wie vor sehr. Und es fordert uns auch auf gute Weise heraus, zu überlegen, auf welche Art und Weise wir das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in ihre Ressourcen, in Beziehungen, das Leben, auf Gott und die Bibel fördern können.

Unterrichtsformen und -­zeiten

Wenn immer möglich wollen wir etwas häufiger herauskommen aus der Schulstube. Neu bieten wir darum in der 5. Klasse geschlechtergetrennte Erlebnisweekends an. Und in der Oberstufe starten die Schülerinnen und Schüler mit einem Lager, danach wirken sie kirchenkreisübergreifend an Gottesdiensten und in Gemeindeprojekten mit. Zudem führen wir in der 9. Klasse eine Auswahl an Konfirmationskursen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten ein. Ob in der Unterstufe ein Bedürfnis nach Blockunterricht in den Ferien besteht, sind wir noch am Evaluieren.

Eine grosse Chance

Mirjam Richard, Katechetin Kirchgemeinde Thun-­Stadt: «Was bedeutet die Abkürzung KUW? Konf und weg!», sagen die Jugendlichen manchmal. Denn für viele von ihnen enden die religiösen Erfahrungen und das Kirchenleben bis anhin mit der Konfirmation. Als Katechetin sehe ich darum in der Arbeit im Generationen­bogen, wie sie das neue Konzept für das reli­gionspädagogische  Handeln  vorsieht,  eine  grosse Chance. Einerseits eröffnet dies ein viel­seitigeres Arbeitsfeld und fördert eine engere Vernetzung mit den Mitarbeitenden der ver­schiedenen Ämter. Andererseits steigt dadurch die  Qualität  der  Begleitung  der  Kinder  und  Jugendlichen. Wir können ihnen individuelle, auf ihre persönlichen Bedürfnisse angepasste Erfahrungsräume und Ressourcen bieten, damit sie die Kirche mit Hand, Herz und Kopf erleben und gestalten können. So werden der persön­liche Glaube und die Erlebnisse mit der Kirch­gemeinde die Jugendlichen hoffentlich weit über die Konfirmation hinaus unterstützen und stärken – und ihre Kreativität, die bei der Um­interpretation der Abkürzung KUW sichtbar wird, weiter gefördert.

Quelle: ENSEMBLE 2020/50, Lukas Mühlheim Schmocker (Pfarrer in Steffisburg)